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  Agrigent: Rundgang durch das Tal der Tempel

Wer sich von Gela oder Licata aus auf den Weg nach Agrigent macht und auf der Staatsstraße 115 die Küste entlang fährt, dem eröffnet sich, kurz bevor er die Stadt erreicht, ein eindrucksvoller Anblick: Auf den Hügeln erscheinen nacheinander die vier dorischen Tempel, deren Tuffsteinsäulen, je nach Lichtverhältnissen, mit goldrotem Schimmer in den tiefblauen Himmel ragen. Nicht selten verspürt man bei diesem Anblick den Drang, die Suche nach einem Hotel auf später zu verlegen und statt dessen sofort aus dem Auto zu steigen, um zwischen den Tempeln zu wandeln und ein wenig Geschichte zu atmen.

Gedacht, getan, wir beginnen unseren Tempelrundgang beim Juno-Tempel, dem am höchsten gelegenen der vier. Alle vierunddreißig Säulen, die vierstufige Grundfläche sowie, gleich neben dem Tempel, die Reste eines besonders großen Altars sind erhalten. In der Antike, so heißt es, haben sich hier Agrigents Ehefrauen an die Göttin Juno gewandt, um von ihr einerseits Gnade, andererseits Beistand im Streit gegen die untreuen Ehemänner zu erbitten. Wer es ihnen gleichtun möchte, wird leider enttäuscht, ein kleiner Zaun trennt den Besucher von den Säulen, und doch ist die Geschichte plötzlich so präsent, daß man die Frauen beinahe hören kann.

Geht man nun vom Juno-Tempel aus auf dem Fußweg vorbei an einem Stück der alten Befestigungsmauer, in die zahlreiche Bogengräber eingelassen sind, zum Cocordia-Tempel, dem am besten erhaltenen Tempel Agrigents, fühlt man sich gleichsam von unsichtbaren Augen beobachtet. Der Concordia-Tempel ähnelt in seiner Bauweise stark dem Juno-Tempel. Die Tatsache, daß er besser erhalten ist als alle anderen Tempel ist darauf zurückzuführen, daß er zu römischer Zeit als christliche Kirche genutzt und 597 von Bischof Gregorius in eine Basilika umgewandelt wurde. Wahrscheinlich rühren daher die wunderschönen Bogengänge in seinem Inneren, doch auch diese darf man derzeit nur von außen bewundern. Kaum vorstellbar, wie dieser ohnehin sehr beeindruckende riesige Bau gewirkt haben muß, als er noch weiß verputzt strahlte.

Der dritte Tempel, der auf der Hügelkette erscheint, ist der Herkules-Tempel. Dieser älteste Tempel Agrigents (erbaut Ende des 6.Jhs v.Chr.) war bei einem Erdbeben völlig eingestürzt, der Engländer Sir Alexander Hardcastle ermöglichte es jedoch 1924, daß acht der Säulen wieder aufgerichtet werden konnten. Hier ist es dem Reisenden erlaubt, etwas näher an die Säulen zu treten, und wieder wird man von der Geschichte eingeholt: Der Herkules-Tempel scheint für die Einwohner Agrigents von ganz besonderer Bedeutung gewesen zu sein, so heißt es, daß sie hier die Gottheit darum baten ihre nächtlichen Alpträume zu verjagen oder aber ihr erotisches Verlangen zu mindern.

Von allen schlechten Träumen befreit, machen wir uns also vorbei an den Ruinen des Zeus-Tempels auf den Weg zum Dioskuren-Tempel. Der Zeus-Tempel muß wohl zu den großartigsten Tempeln der Antike gezählt haben. Sein Dach wurde von insgesamt 38 Telamonen (circa acht Meter hohe Steingiganten) gestützt, von denen sich noch eine Kopie im Bereich der Cella befindet, das Original kann im archeologischen Museum Agrigents, ganz in der Nähe der Tempelanlagen, besichtigt werden. Diese Besichtigung verlegen wir jedoch auf einen anderen Tag, denn mittlerweile ist es spät am Nachmittag. Die gigantischen Ausmaße, die der Zeus-Tempel einst hatte, verdeutlichen sich einem, wenn man versucht, ein Kapitell seiner Halbsäulen zu "umarmen": Für dieses Vorhaben würde man acht Personen mit ausgebreiteten Armen benötigen. Die vier Säulen des Dioskuren-Tempels, die zu Beginn des 19.Jhs wieder aufgebaut wurden, liegen auf der westlichen Seite des Tempelhügels. Hier findet man auch zahlreiche Brunnen, Altäre und Opfergräben, die der Huldigung der Erdgottheiten dienten.
 
Am Ende dieses Spaziergangs in die Vergangenheit fühlt man sich völlig erschöpft, aber ausgeglichen und in die Geheimnisse der Antike eingeweiht, doch wird das eindrucksvolle Bild der Tempel von einem Streit überschattet; so werden Stimmen laut, die sich gegen die illegal rund um das Tal entstehenden Bauten richten: Diese zerstörten die schöne Landschaft und müßten unbedingt abgerissen werden. Andere wiederum sprechen davon, daß es gerade die legal gebauten Gebäude, wie z.B. die Hochhäuser Agrigents seien, die das harmonische Bild der Tempel verunstalteten. Doch ganz gleich, wie dieser Streit ausgehen wird, die Tempel werden auch weiterhin ihre goldenen Säulen in den Himmel strecken, die Stadt Agrigent samt ihren Einwohnern durch die Zeit begleiten und sie von ihren Hügeln aus bewachen und beschützen.


Fotos: APT Agrigento
Quelle: pairola-media (Bianca di Piazza)

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