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Noch döst die Millionenstadt. Erst nach dem Ruf des Muezzins beginnt sich das Leben zu regen – aber ohne Hast. Rasselnd werden die Gitter vor den Geschäften zur Seite geschoben, Obst und Gemüse vor die Tür gestellt. Nur die allgegenwärtigen Tauben sind schon auf Futtersuche. Ruhiger wird es erst an Bord eines der Ausflugsdampfer. Morgens sind es nur wenige Touristen, die einen Ausflug gebucht haben. Gleichmäßig tuckert der Dieselmotor, und der Bug dreht sich in Richtung Bosporus. Die Wasserstraße, die Europa von Asien trennt, ist 31 km lang. Die beiden Kontinente sind an der breitesten Stelle 4 km und an der schmalsten Stelle nur 700 m von einander entfernt. Gemütlich fährt das Schiff im Zickzack, weicht einem kleinen Ruderboot aus, lässt einer Fähre die Vorfahrt. Unvergleichlich ist der Blick auf die Silhouette der Stadt. Hoch über den Häusern sieht man die Kuppeln der Moscheen und Minarette. Wie Nadeln ragen sie in den blauen Himmel. Auf der asiatischen Seite klettert die Stadt die Hügel hinauf. Überall leuchten rosa blühende Bäume zwischen den Häusern – ein Lebenszeichen der Natur im Häuserwirrwarr. Die am Ufer stehende Paläste, aufwendig restauriert, gehören heute bekannten Hotelketten. Die Fahrt geht weiter unter der Bosporus-Brücke, eine der längsten Hängebrücken der Welt. Wer will, kann ein Paar Schuhe rückwärts über Bord werfen – ein Brauch mit dem Wunsch nach Wiederkehr. Kurz vor dem Schwarzen Meer, kehrt das Schiff um. Am Ufer zwei trutzigen Festungen. Auf der asiatischen Seite die „Anadolu Hisari“, das europäische Ufer bewacht die „Rumeli Hisari“. Von beiden Burgen wurde der Schiffsverkehr ins und aus dem Schwarzen Meer kontrolliert. Rumeli Hisari dient heute friedlichen Zwecken. In den Sommermonaten finden hier Freiluftkonzerte statt. Sobald das Schiff wieder anlegt, ist es mit der Beschaulichkeit vorbei. Mittlerweile gleicht die Stadt einem aus der Ruhe gebrachten Ameisenhügel. Am Kai verkaufen Fischer fangfrischen, gegrillten Fisch – eine kleckerfreie Alternative zum Döner. Fliegende Händler bieten allerhand Krimskrams an, der Hit sind Socken mit dem bekannten Krokodil. Kellner versuchen, laut rufend, Passanten in „ihr“ Café zu locken. Redner zetern an der Straßenecke. Zu verstehen ist nichts, aber Gesten und Stimmlage künden nicht gerade von ungetrübter Lebensfreude. Was vom Schiff aus gesehen wurde, möchte man auch aus der Nähe betrachten. Zeit ist erforderlich, reichlich Zeit. Fast die ganze Front zum Wasser nimmt der Topkapi-Palast ein. Er ist der Inbegriff von orientalischem Luxus und Quelle vieler Legenden und Gerüchte. Weltabgewandt dagegen die Stimmung in den Moscheen. Wohl das bekannteste Bauwerk byzantinischer Kunst ist die Hagia Sofia. Geplant und gebaut als Kirche, ist sie nach Nutzung als Moschee, heute ein Museum. Zwei weitere Moscheen beherrschen die Silhouette von Istanbul. Sinan, Architekt der Osmanen, schuf die Süleyman-Moschee. Stolz thront sie auf dem Hügel. Die mächtige Kuppel wird von vier Pfeilern getragen, und gefiltertes Licht taucht das Innere in ein Halbdunkel. Die berühmteste Moschee der Stadt ist die Sultan-Ahmet-Moschee (Blaue Moschee). Ihren Namen erhielt sie von den blauen und grünen Kacheln, mit denen der Innenraum ausgestaltet ist. Sie ist die einzige Moschee mit sechs Minaretten. Aber was wäre Istanbul ohne einen Basarbesuch? Es wartet der größte überdachte Basar der Welt darauf, wenigstens teilweise, erkundet zu werden. Unüberschaubar ist das Angebot an Kleidung, Keramik, Lederwaren, Teppichen und Schmuck. Direkt am Goldenen Horn liegt der Ägyptische Basar. Der Zweitname verrät, womit hier hauptsächlich gehandelt wird – der Gewürzbasar. Es ist eine regelrechte Farb- und Duftorgie. Eine Ruhepause gönnt man sich am besten in einer Teestube im ersten Stock des Basars. Der Blick aus dem Fenster zur Galata-Brücke entschädigt für die schmerzenden Füße.
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